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Recruiting nach Diversity Index?

Mar 18, 2024
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Table of contents
  • Wie kann man das Thema Vielfalt im Einstellungsprozess systematisch angehen?

In unserer Themenreihe „Gespräche zum Thema Vielfalt“ sprechen unsere beiden Kolleginnen Christin und Nina mit der Diversity-Beraterin Annika von Redwitz über verschiedene Fragen zum Thema Vielfalt. Die Gespräche sind anhand von groben Themenblöcken geführt worden und primär eine Wiedergabe von persönlichen Erfahrungen und Meinungen.

Wir unterteilen das Gespräch in fünf Themenblöcke und veröffentlichen in den nächsten Wochen einen nach dem nächsten. Wir hoffen, Euch gefällt das Format!

Nina: In unserem letzten Gespräch haben wir über den Allbright-Bericht gesprochen. Hiernach ist eine der Ursachen für fehlende Diversität in Unternehmen das Nutzen von persönlichen Netzwerken bei Einstellungen. Den Punkt finde ich sehr spannend, weil für mich als HR-Person interne Empfehlungen immer der beste Kanal gewesen ist, über den wir Mitarbeitende eingestellt haben. Sowohl kostenseitig als auch was den Fit der Mitarbeitenden angeht. Es hat natürlich auch einen Wert, wenn Mitarbeitende, die man schätzt, jemanden weiterempfehlen. Aber es gibt demnach auch eine andere Seite der Medaille, nämlich, dass die immer gleichen Personen eingestellt werden, sodass der Kanal vielleicht doch gar nicht so gut ist. Was denkt Ihr?

Annika: Es kommt natürlich darauf an, was die Menschen für ein Netzwerk haben. Manche Personen haben sehr diverse private Netzwerke, andere weniger. Eigentlich müsste jeder einzelne Mensch von uns versuchen, sein eigenes Netzwerk zu überprüfen. Wer ist in meinem Netzwerk, welche Altersgruppen, welche Nationalitäten, welche Berufsgruppen und welche Gruppen sind hier über- oder unterrepräsentiert? Und dann sollte versucht werden, das zu erweitern. Bezogen auf das Recruiting bin ich der Meinung, dass, anstatt interne Empfehlungen abzuschaffen, man einfach immer wieder schauen sollte, wie sieht die Gruppe unserer Mitarbeitenden aus und wo kann man noch nachbessern. Ich sehe das Problem eher darin, dass häufig nicht reflektiert wird, welche Personen eingestellt werden nach dem Motto “Schön, du kennst jemanden und man kann sich auch noch auf die- oder denjenigen verlassen? Das klingt gut. Und eingestellt.“

Wie kann man das Thema Vielfalt im Einstellungsprozess systematisch angehen?

Nina: Was auch immer mit dem Hiring einhergeht, ist die Messbarkeit - und das ist nämlich genau im Bereich Diversität gar nicht so einfach. Die meisten Eigenschaften kann und möchte man nicht fremdbeurteilen. Hinzu kommt das Thema der Intersektionalität. Das ist, denke ich, etwas, über das sich viele Unternehmen Gedanken machen. Wie kann man das Thema Vielfalt im Einstellungsprozess systematisch angehen, während man die meisten relevanten Attribute zu dem Zeitpunkt gar nicht weiß, wie z. B. die sexuelle Orientierung. Wie ist da Deine Erfahrung, Annika? Wie geht man das als Unternehmen am besten an?

Annika: Also es gibt natürlich Unternehmen, die versuchen, den Bewerbungsprozess zu anonymisieren, also praktisch Lebensläufe ohne Foto, Altersangaben usw. anfragen, mit dem Ziel, den Unconscious Biases entgegenzuwirken. Aber das hat natürlich auch seine Grenzen. Wenn jemand sagt, er habe sein Abitur 1980 gemacht, dann weiß man auch ungefähr, wie alt diese Person sein muss. Es gibt also keine Garantie, dass diese Verfahren richtig anonymisiert sind. Aber wer das ausprobiert, stellt unter Umständen schon fest, dass auf einmal andere Personen zu Interviews eingeladen werden als bisher. Aber beim Recruiting geht es ja schon bei der Stellenanzeige los. Hier ist es wichtig, dass man versucht, auf bestimme Begrifflichkeiten zu achten, die Frauen eher ansprechen. Ich bin einmal von einem Headhunter nach Empfehlungen für Kandidaten für ein bestimmtes Profil gefragt worden und in der Stellenanzeige stand tatsächlich, die Person solle „breitschultrig“ sein. Als Frau würde ich mich da schon fragen, ob ich in das Unternehmen passe. Das hört sich für mich wenig attraktiv an. Diese Dinge sickern langsam mehr durch bei Unternehmen, aber natürlich nicht überall. Bezogen auf das Thema sexuelle Orientierung ist meine Erfahrung, dass viele das nicht vor sich hertragen möchten und schon gar nicht wegen einer Quote eingestellt werden. Sie wünschen sich einfach, dass es endlich normal ist.

Christin: Ich glaube, bei dem Thema gibt es auch eine wichtige Vorbildfunktion. Wenn ich mich beispielsweise bei einem Unternehmen bewerbe und sehe, dass dort jemand eine Regenbogenflagge frei auf dem Schreibtisch stehen hat, und keiner sagt etwas dagegen. Oder ich weiß, dass der CFO öffentlich geoutet ist und alle sind okay damit. Also dass man das eher passiv angeht, indem man eine Umgebung schafft, in der jeder sich wohlfühlt. Dann kommt der Rest von allein. Denn die Leute haben ja auch wieder ein Netzwerk oder sind Teil von Communities, in die sie das dann hineintragen. Und diejenigen können dann wiederum Personen ins Unternehmen bringen.

Nina: Das erinnert mich an eine Sache, die ich vor Kurzem gelesen habe, wo in diesem Zusammenhang zwei Herangehensweisen gegenübergestellt wurden. Während manche Unternehmen versuchen, die wirkliche Individualität jedes Mitarbeitenden zu sehen und wertzuschätzen, sehen andere Unternehmen das Thema Vielfalt eher als statistische Verteilung, bei der bestimmte Attribute abgehakt werden müssen. Ich finde, es ist eigentlich ein schöner Gedanke, der genau zu dem passt, was ihr sagt. Also, dass erst dann wahre Vielfalt erreicht wird, wenn wirkliche Individualität wertgeschätzt und gelebt wird im Unternehmen. Dann, wenn wirklich alle gut finden, dass jeder Mensch anders ist, egal in welchen Facetten, sich alle wohlfühlen und auch einbringen können. Auf der anderen Seite ist es natürlich sehr schwer greifbar, wenn es nicht auf irgendeine Weise gemessen wird, und irgendwie muss man schließlich auch wissen, dass man auf dem richtigen Weg ist.

Annika: Irgendeine Art der Messbarkeit braucht man. Und ganz wichtig ist dabei auch, nicht zu vergessen, dass alle Dinge mehrdimensional sind. Also man könnte eine Frau sein, mit einer anderen Hautfarbe, zudem lesbisch sein und im Rollstuhl sitzen. Oder jemand hat die deutsche Staatsangehörigkeit, aber fühlt sich genauso türkisch wie deutsch. Wir sind alle mehrdimensional. Es ist definitiv wichtig, etwas Messbares zu haben, aber man sollte sich nicht ausschließlich darüber definieren, sondern es als Hilfsmittel sehen, um zu wissen, ob man auf dem richtigen Weg ist. Ich unterstütze genauso die Botschaft, die du meintest: „Wir schätzen jeden Menschen“ oder „come as you are”. SAP, wo ich ja viele Jahre war, hat gesagt, „bring your whole self to work“ und darum geht es am Ende, dass man einfach man selbst sein kann, in all seinen Facetten.

Hier geht's zur nächsten Folge der Reihe mit Annika von Redwitz: Keine Agilität ohne Diversität?

People & Culture von morgen ist endlich da

Entwickelt und visualisiert eine Skill-basierte Organisation mit einer kollaborativen Kultur

Annika von Redwitz ist zertifizierte Beraterin für Diversity Management und Coach. Sie ist in Schweden geboren und aufgewachsen, seit 1990 lebt und arbeitet sie in Baden-Württemberg. Von 1990 bis 2015 hat sie bei SAP SE internationale Teams geleitet und dabei gelernt: Erfolg hat, wer ein Augenmerk auf Vielfalt legt! Dabei geht es ihr darum, die Stärken jedes Einzelnen zu erkennen und ihnen Raum zu geben. Wenn ein Arbeitsklima der Akzeptanz und des gegenseitigen Vertrauens geschaffen wird, steigt die Produktivität, die Mitarbeitenden sind zufriedener und der Innovationsgeist wird gestärkt. Diese Erfahrung gibt Annika heute mit Begeisterung und schwedischem Akzent an ihre Kunden weiter. Sie unterstützt sie, das passende Diversity Management und eine wertschätzende Kultur zu implementieren. Bei Vorträgen, Workshops, Trainings oder Coachings stellt sie die Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens in den Fokus.

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